Herkunft:P. Wien ÖNB D 4852 (TM 45634), gehört zu einem größeren Papyruskonvolut, das 1891 in Dime gefunden wurde. Leider fehlen genauere Angaben zum Fundort. 1893 wurden Teile dieses Papyrusfundes von
Theodor Graf für die Privatsammlung
Papyrus Erzherzog Rainer angekauft (
Loebenstein, in: P. Rainer Cent.Loebenstein, H., 'Vom \"Papyrus Erzherzog Rainer\" zur Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. 100 Jahre Sammeln, Bewahren, Edieren', in: Österreichische Nationalbibliothek (Hg.), Papyrus Erzherzog Rainer (P. Rainer Cent.). Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek (Wien, 1983), 3-39., bes. 7, 15;
Lippert / Schentuleit, DDD IILippert, S. / Schentuleit, M., Quittungen (Demotische Dokumente aus Dime II; Wiesbaden, 2006)., 1;
Hagen / Ryholt, Antiquities TradeHagen, F. / Ryholt, K., The Antiquities Trade in Egypt 1880-1930. The H.O. Lange Papers (Scientia Danica: Series H, Humanistica 4.8; Copenhagen, 1962)., 217). 1899 schenkte
Erzherzog Rainer von Österreich seine Privatsammlung
Kaiser Franz Josef zum Geburtstag. Heute befinden sich die aus Dime stammenden Papyri in der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek Wien
Forschung:Die Erstedition des Textes, einer
hn-Abmachung für das Amt eines Schreibers der Priester am Soknopaios-Tempel für den Zeitraum des 15. bis. 16. Regierungsjahres des Kaisers Domitian, erfolgte durch
Bresciani, in: P. Rainer Cent.Bresciani, E., 'Un documento dell’anno 15 di Domiziano dall'archivio templare di Dime (P. Vindob D 4852). Le condizioni previste per lo scriba e l’adetto alle spese dei sacerdoti', in: Österreichische Nationalbibliothek (Hg.), Papyrus Erzherzog Rainer (P. Rainer Cent.). Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek (Wien, 1983), 181-184, Taf. 6 (Demotisch 5). In seiner Rezension ergänzte und korrigierte
Zauzich, Enchoria 12Zauzich, K.-Th., 'Die Bedingungen für das Schreiberamt von Soknopaiu Nesos', Enchoria 12 (1984), 87-90., die Lesungen dieser Erstedition substantiell. Die ersten sieben Zeilen Abmachungsurkunde wurden von
Hoffmann, ÄgyptenHoffmann, F., Ägypten. Kultur und Lebenswelt in griechisch-römischer Zeit. Eine Darstellung nach den demotischen Quellen (Studienbücher: Geschichte und Kultur der Alten Welt; Berlin, 2000)., 110-101, im Zusammenhang des Rechtswesens der griechisch-römischen Zeit erörtert. Eine weitere Bearbeitung des Textes ist durch
Lippert und
Schentuleit im Rahmen ihrer Publikation der Abmachungen aus Dime (DDD IV) in Vorbereitung.
Textträger:Der Papyrus ist von sehr guter Qualität. Der obere sowie die beiden seitlichen Ränder sind erhalten. In seiner Breite misst er maximal 26.2 cm (inklusive der Fasern des Verso, die am linken Rand unter dem Recto hervorragen; ohne diese 25.7 cm). Der untere Rand des Papyrus weist eine Zerstörung auf, die in einem rekurrierenden, wellenförmigen Schadensmuster verläuft, dass sich von links nach rechts vergrößert. Die maximale erhaltene Höhe des Papyrus beträgt 12.5 cm, die minimale 10 cm. Weiterhin sind auf der Papyrusoberfläche sechs senkrechte Knickspuren zu erkennen, die über die ganze Blatthöhe laufen. Die erste findet sich ca. 3,5 cm vom linken Rand entfernt und die Abstände der folgenden Knickspuren vergrößern sich leicht von links nach rechts. Sowohl das Schadensmuster als auch die Knickspuren lassen darauf schließen, dass der Papyrus von links nach rechts in 7 vollständigen Wendungen gerollt gelagert und zerdrückt wurde. Hierbei befand sich der rechte Rand auf der Außenseite der Rolle genau über dem linken Rand der Innenseite der Rolle (s. Abb. unten). Der Papyrus konnte nicht im Original eingesehen werden. Seine digitale Abbildung lässt jedoch auf eine
kollesis (re. auf li.) schließen, die sauber gearbeitet ist und sich in einem Abstand von ca. 13 cm vom rechten bzw. linken Rand befindet. Zu erkennen ist diese auch durch eine leicht dunklere Verfärbung des Papyrus auf einer Breite von ca. 2-2,5 cm sowie einigen Papyrusfasern, die von rechts nach links verlaufen. Der rechte Rand des Papyrus (
kollema 1, rechte Seite), der fast gleichmäßig verläuft, scheint beschnitten worden zu sein. Am linken Rand von
kollema 2 sind einige Papyrusfasern des Verso sichtbar, die unter dem erhaltenen Fasern des Recto hervorstehen. Hier scheint es sich um das nicht beschnittene Ende des Papyrusblattes zu handeln. Es ist somit wahrscheinlich, dass dem Papyrus auf der rechten Seite kein Schutzblatt hinzugefügt worden ist und er daher in seiner originalen Breite erhalten ist.
Textlayout:Der Text der Urkunde wurde auf dem Recto verzeichnet. Das Verso ist unbeschriftet. Da der untere Teil des Papyrus fehlt, sind nur die ersten 19 Zeilen erhalten. Die Größe des Textverlustes lässt sich nicht bestimmen. Der Text der Zeilen 1 bis 15 ist vollständig erhalten, wohingegen aufgrund der oben beschriebenen Zerstörung die Zeilen 16 bis 19 große Lücken aufweisen, deren Text in Zeile 16 bis 17 jedoch zum größten Teil sicher zu ergänzen ist. Das Textlayout ist gleichmäßig und besitzt einen Abstand von ca. 1,3 cm zum oberen Papyrusrand (unterer Linie der ersten Zeile), ca. 2,4 cm zum rechten und ca. 2,4 - 3 cm zum linken Papyrusrand. Die Handschrift ist sehr sauber und gleichmäßig. Auffällig ist, dass der Schreiber häufig schwarze Punkte setzt, die sich immer unterhalb der Zeilen bzw. der Zeichenschreibungen befinden. Oft ist dies am Zeilenenden zu bemerken. Innerhalb des Textes scheinen die Punkte zumeist inhaltliche Sinneinheiten zu gliedern. Die Punktsetzung wurde in der standarddemotischen Transkription des Textes annotiert sowie in seine Transliteration und Übersetzung aufgenommen.
Datierung und Schreiber:Die Abmachung für die Anstellung des Schreibers betrifft den Zeitraum des 15. bis 16. Regierungsjahres des Kaisers Domitian (30. Aug. 95 n. Chr. - 28. Aug. 96 n. Chr.), sodass der 30. Aug. 95 n. Chr. den
terminus ante quem für die Beschriftung des Papyrus darstellen dürfte. Der Name des Schreibers wird in den erhaltenen Zeilen nicht erwähnt und könnte, wenn überhaupt, auf dem verlorenen Teil des Papyrus verzeichnet worden sein. Wie bereits
Zauzich, Enchoria 12Zauzich, K.-Th., 'Die Bedingungen für das Schreiberamt von Soknopaiu Nesos', Enchoria 12 (1984), 87-90. bemerkte, wurde der P. Wien ÖNB D 4852 von demselben Schreiber wie der P. Berlin P 7059 rto (TM 45755, Abmachung aus Dime:
Spiegelberg, Papyrus BerlinSpiegelberg, W., Demotische Papyrus aus den Königlichen Museen zu Berlin (Leipzig / Berlin, 1902)., Taf.45; Neuedition durch
Lippert / Schentuleit,
Abmachungen (DDD IV, in Vorbereitung) verfasst, der auch eine Abmachung aus Dime birgt. Bei einem Vergleich wird es evident, dass beide Papyri denselben Duktus der Handschrift sowie dieselben eigenwilligen Wortschreibungen besitzen. Nach
Lippert,
Schentuleit und
Stadler gilt es als sicher, dass die beiden Quittungen aus Dime, P. Wien ÖNB D 6344 rto (TM 47539) und P. Berlin P 23520 rto (TM 100235) von demselben Schreiber, Satabus, Sohn des Gleichnamigen, Sohn des Stotoetis, Sohn des Marres, verfasst wurden, dem ich zustimme (
Stadler, SoknopaiosritualStadler, M., Das Soknopaiosritual. Texte zum \"Täglichen Ritual\" im Tempel des Soknopaios zu Dimê (SPR) (Ägyptische und Orientalische Papyri und Handschriften des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung Berlin 6; Berlin/Boston, 2022)., 11-13, 20-34 (paläographische Schrifttafeln), 56;
Lippert / Schentuleit, DDD IILippert, S. / Schentuleit, M., Quittungen (Demotische Dokumente aus Dime II; Wiesbaden, 2006)., P. Wien ÖNB D 6344 rto [13], 68-71, Taf.34. und P. Berlin P 23520 rto [15], 75-76, Taf.7). Sie identifizieren diesen Schreiber jedoch auch als Verfasser der beiden zuvor genannten Abmachungen. Nach der Aufnahme der Quittung des P. Wien ÖNB D 6344 in die Datenbank des
DPDP und einem paläographischen Vergleich der Schreibungen der Quittung mit denen der hier besprochenen Abmachung, sehe ich zwar sehr große Ähnlichkeiten im Duktus, jedoch auch distinktive Unterschiede in den Wortschreibungen. Ich glaube daher, dass es sich bei dem Schreiber der Quittungen und der Abmachungen nicht um dieselbe Person handelt. Jedoch dürften, wegen der zu bemerkenden Ähnlichkeiten, der Schreiber der Abmachungen und der der Quittungen derselben, aus Dime bekannten, Familie der Priesterschreiber Satabus und Stotoetis angehört haben, eventuell Vater und Sohn.
Stadler,
loc.cit. schlägt aus paläographischen und orthographischen Gründen darüber hinaus vor, auch die Handschrift C des von ihm publizierten Soknopaiosrituals, P. Berlin P 15799+23538 rto (TM 128992) aber auch den P. Berlin P 6750 rto (TM 55938,
Widmer, RésurrectionWidmer, G., Résurrection d’Osiris -Naissance d’Horus. Les papyrus Berlin P. 6750 et Berlin P. 8765, témoignages de la persistance de la tradition sacerdotale dans le Fayoum à l'époque romaine (Ägyptische und Orientalische Papyri und Handschriften des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung Berlin 3; Berlin - Boston, 2015).) demselben Schreiber zuzuschreiben, der sowohl beide oben genannten Quittungen (P. Wien ÖNB D 6344 rto, P. Berlin P 23520 rto) aber auch die beiden Abmachungen (P. Wien ÖNB D 4852 rto, P. Berlin P 7059 rto) verfasst hätte. Mit Sicherheit gehören die Schreiberdieser beiden Ritualtexte, die auch innerhalb des Zeitfensters der besprochenen Abmachungen und Quittungen datiert werden, auch zur Familie der Priesterschreiber Satabus und Stotoetis. Wie bereits oben ausgeführt, wird hier ausgeschlossen, dass die Quittungen und die Abmachungen von demselben Schreiber verfasst wurden. Aufgrund des Duktus und der Wortschreibungen wird an dieser Stelle vermutet, dass die Handschrift C des Soknopaiosrituals, der des Schreibers der Quittungen nähersteht, wohingegen der der Duktus der Résurrection d’Osiris eher auf den Schreiber der Abmachungen hindeutet.
Orthographie:Wie bereits aus den Verwaltungsdokumenten, aber auch religiösen Texten aus Dime bekannt, werden
mtw und
ntỉ.ỉw im freien Wechsel sowohl für die Schreibungen des Konjunktivs als auch des Relativkonverters verwendet, was an manchen Textstellen zu Schwierigkeiten bei der Interpretation von Satzgefügen führen kann (
Lippert, in: Researches on the FayyumLippert, S., 'Die Abmachungen der Priester. Einblicke in das Leben und Arbeiten in Soknopaiou Nesos', in: Capasso, M. / Davoli, P. (edd.), New Archaeological and Papyrological Researches on the Fayyum. Proceedings of the International Meeting of Egyptology and Papyrology Lecce, June 8th - 10th 2005 (Papyrologica Lupiensia 14; Galatina (Lecce), 2007), 145-155, 150). Für Dime typisch ist auch eine Doppelschreibung des Suffixes der 3. Pers. Pl. c., hier bei
rd.wỉ.ṱ⸗ww (Z. 5). In der Abmachung des P. Wien ÖNB D 4852 wird darüber hinaus auch der negative Besitzausdruck
mn-m-tw⸗ in der Form
mn-ntỉ.ỉw⸗ geschrieben (Z. 10-11). Die außergewöhnliche Schreibung
ntỉ.ỉ.tw⸗w wird für die Bildung des Konjunktivs mit anschließendem Suffix der 3. Pers. Pl. c. verwendet (Z. 7, 11, 13 und 15) und ist sowohl in den oben erwähnten Verwaltungsdokumenten als auch den beiden Ritualhandschriften aus Dime belegt (
Zauzich, Enchoria 27Zauzich, K.-Th., 'Das Ende der Form ḥr-nꜣ⸗ w stm - Eine Selbstberichtigung', Enchoria 27 (2001), 207-208.;
Stadler, IsisStadler, M., Isis, das göttliche Kind und die Weltordnung. Neue religiöse Texte aus dem Fayum nach dem Papyrus Wien D. 12006 Recto (Mitteilungen aus der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek (Papyrus Erzherzog Rainer), N.S., Folge 28; Wien, 2004)., 90;
Lippert / Schentuleit, DDD IILippert, S. / Schentuleit, M., Quittungen (Demotische Dokumente aus Dime II; Wiesbaden, 2006)., 186;
Stadler, SoknopaiosritualStadler, M., Das Soknopaiosritual. Texte zum \"Täglichen Ritual\" im Tempel des Soknopaios zu Dimê (SPR) (Ägyptische und Orientalische Papyri und Handschriften des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung Berlin 6; Berlin/Boston, 2022)., 27). Die Schreibung wird hier mit
ntỉ.ỉ.tw⸗w transliteriert, da sie aus lautlichen Gründen eindeutig mit einfachen Schilfblatt
ỉ und der Gruppe
tw anstelle des gewohnten
ntỉ.ỉw geschrieben wurde (vgl. die Schreibungen dieser Hand von
tw z.B. bei
mtw in der Paläographie der digitalen Textedition). Sehr auffällig ist die vom Schreiber verwendete Konstruktion
ḏi̯.t.ṱ⸗f, bei dem der Infinitiv von
ḏi̯.t mit einem starken
ṱ als Suffixträger als direktes Objekt ein Suffix annimmt und nicht wie gewohnt das enklitische Personalpronomen. Dass bereits zu dieser frühen Zeit Suffixe zur Angabe des direkten Objekts am Infinitiv von
ḏi̯.t verwendet werden, ist ungewöhnlich und lässt darauf schließen, dass der Text dieser Abmachung bereits spätdemotisch einzustufen ist. Im dem rund 100 Jahre später zu datierenden Magischen Papyrus London-Leiden finden sich bei den im Konjunktiv formulierten Anweisungen durchgehend Suffixe als direktes Objekt am Infinitiv von
ḏi̯.t.
Urkundenbeschriftung:Im Folgenden soll der Text der Abmachung besprochen werden. Einige Lesungen und inhaltliche Deutungen sind noch nicht gesichert. Hier dürften die anstehenden Neupublikationen der Dime Abmachungen durch
Lippert und
Schentuleit sowie die der neuen Dime Abrechnungen und Quittungen von
Marie-Pierre Chaufray viele neue Erkenntnisse bringen. Zu den Lesungen und Deutungen soll auf die ausführlichen Kommentare in der vorliegenden Textbearbeitung hingewiesen werden.
Der erhaltene Text der Abmachung umfasst inhaltlich drei Themenbereiche.
Zu Beginn (Z. 1-7) werden, neben der Angabe der Amtszeit, explizit der Aufgabenbereich, nämlich die Buchhaltung der Ausgaben der Priester, sowie die Konditionen des Amts eines Schreibers der Priester festgelegt. Die Amtszeit des Priesters beginnt mit dem 15. Regierungsjahr des Kaisers Domitian (30. Aug. 95 n. Chr.). Mit seinem Amtsantritt ist der Schreiber für die Buchhaltung der Ausgaben des Tempels zuständig, deren Modalitäten weiter unten detailliert aufgeführt werden. Eine ungewöhnliche Formulierung findet sich in Z. 2 und 3 für die Beschreibung des Amtsantritts und des Amtswechsels, der nach einem Jahr, im 16. Regierungsjahr des Domitian am 28. Aug. 96 n. Chr., erfolgt: (2) ...
(n-)ṯꜣi̯(-n) pꜣỉ hrw (n) fy r.r⸗s (3) mtw⸗f r ỉri̯⸗f r-hn ḥsb.t 16 šꜥ-tw⸗w fy r.r⸗s, wörtl.: (2) ... "von diesem Tag des Eilens zu ihm (
md.t, "Amt") (3) den er machen wird, bis zum 16. Regierungsjahr, bis man (d.h. ein anderer) zu ihm (
md.t, „Amt“) eilt". Wie bereits
Lippert, in: Researches on the FayyumLippert, S., 'Die Abmachungen der Priester. Einblicke in das Leben und Arbeiten in Soknopaiou Nesos', in: Capasso, M. / Davoli, P. (edd.), New Archaeological and Papyrological Researches on the Fayyum. Proceedings of the International Meeting of Egyptology and Papyrology Lecce, June 8th - 10th 2005 (Papyrologica Lupiensia 14; Galatina (Lecce), 2007), 145-155, 150-151, hervorhebt, finden sich in Dime mehrfach Belege, dass die Priesterämter für die Dauer eines Jahres vergeben werden. Der Tag des Amtsantritts wird dabei häufig auch durch die Phrase
n pꜣỉ hrw ṯꜣỉ ꜥnḫ, "... der Tag des Überreichens des Stabstraußes markiert", was auf eine offizielle Zeremonie beim Amtsantritt hindeutet.
Im P. P. Wien ÖNB D 6344 rto (Z. 3-4) wird weiter ausgeführt, dass der Schreiber mit den Lemeisa und den Ältesten der Priester zu den Tempeln von Krokodilopolis, Memphis, Alexandria und anderen Orten reist, um dort die Buchhaltung des Tempels zu führen. Die Funktion der Lemeisa der Priester (
ỉmỉ-rʾ-mšꜥ.w nꜣ wꜥb.w) ist noch nicht ganz geklärt.
Lippert / Schentuleit, DDD IILippert, S. / Schentuleit, M., Quittungen (Demotische Dokumente aus Dime II; Wiesbaden, 2006)., 20, vermuten, dass es sich bei ihnen um eine Art priesterlichen Betriebsrat gehandelt haben könnten, der die Interessen der Priesterschaft gegenüber dem Tempel als Institution vertrat und unter anderem deren Abrechnungen mit dem Soknopaios-Tempel überprüfte. Neben den Gewerbebetrieben wurde vom Soknopaios-Tempel auch die Bewirtschaftung von Filialheiligtümern verpachtet. Hierunter gehörte, aus den Steuerquittungen von Dime belegt, der
Ḥw.t-Sbk in Krokodilopolis. Bei den Erwähnungen von Reisen nach Memphis und Alexandria, dürfte es sich um Dienstreisen zu anstehenden Tempelsynoden handeln, bei denen die versammelte Priesterschaft der ägyptischen Tempel deren finanzielle und administrativen Organisation erörterte. Für die Haupt- und Konventstadt Alexandria sind seit der frühptolemäischen Zeit jährliche Synoden belegt, bei denen die Priester zur Teilnahme verpflichtet waren (Alexandria-Dekret, TM 129851, 243 v. Chr., Verpflichtung Z. 33-36). Austragungsort der dortigen Synoden war der Isis-Tempel (Alexandria-Dekret Z. 23; Philensis II-Dekret, TM 48339, Jahr 186 v. Chr., Z. 3). Die Teilnahmepflicht wurde mit dem Rosettana-Dekret (TM 8809, 196 v.Chr., Z. 9-10) für die Priesterschaften zwar aufgehoben, jährliche Synoden fanden aber weiterhin in Alexandria statt. Synoden konnten jedoch auch außerhalb der Hauptstadt, wie im Tempel der Theoi Euergetai in Kanopos (Kanopos-Dekret, TM 55659, 238 v. Chr., Z. 7-8) oder im Tempel von Memphis (Raphia-Dekret, TM 2984, 217 v. Chr., Z. 6; Rosettana-Dekret Z. 4-5; Philensis I-Dekret, TM 48335, 185-184 v. Chr., Z. 3) abgehalten werden (zu den ptolemäischen Synoden und ihren Dekreten:
Hoffmann, ÄgyptenHoffmann, F., Ägypten. Kultur und Lebenswelt in griechisch-römischer Zeit. Eine Darstellung nach den demotischen Quellen (Studienbücher: Geschichte und Kultur der Alten Welt; Berlin, 2000)., 153-175;
Recklinghausen, Philensis-DekreteRecklinghausen, D. von, Die Philensis-Dekrete. Untersuchungen über zwei Synodaldekrete aus der Zeit Ptolemaios'V. und ihre geschichtliche und religiöse Bedeutung (Ägyptologische Abhandlungen 73.1-2; Wiesbaden, 2018)., bes. 182-189). Dass der Schreiber mit den Lemeisa und Ältesten der Priester in seinem Anstellungsjahr zu dem im Text erwähnten Filialheiligtum in Krokodilopolis und vom Tempel verpachteten Betrieben oder Filialheiligtümern anderen Ortes reist, ist wohl konkret anzunehmen, da deren Buchhaltung jährlich erfolgen muss. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass mit der Erwähnung von Alexandria und Memphis in der Zeit des 95. bis 96. Regierungsjahres des Kaisers Domitian eine bzw. zwei Synoden in Realiter bereits einberufen worden waren. Hier dürfte eher eine allgemeine Aussage über eventuell anstehende Dienstreisen zu Synoden vertraglich festgehalten worden sein. Auf den Dienstreisen erhielt der Schreiber dieselben Rationen (
ꜥḳ) wie die Lemeisa und wurde auch mit eine Art Reisezulage ausgestattet (Anm. zu Z. 4), die echtem Silbergeld ausgezahlt wurde und deren Höhe anscheinend variiere, je nachdem wie nahe oder weit das Reiseziel war.
Eine besonders interessante Regelung für das Amt des Priesterschreibers wird in den Zeilen 5 bis 7 aufgeführt. Explizit wird erwähnt, dass der amtierende Priesterschreiber während des Jahres seiner Anstellung am Tempel kein anderes Amt annehmen darf. Auch darf das Amt nach Ablauf des Dienstjahres erst dann von einer anderen Person übernommen werden, wenn der Amtsvorgänger die gesamte Buchhaltung seines Amtsjahres für den Tempel korrekt abgeschlossen hat. Diese Vorschrift erinnert an den P. BM EA 10225 (TM 50057; digitale Edition im Corpus des
DPDP), der die letzten beiden Papyrusblätter einer wohl ursprünglich längeren Papyrusrolle umfasst, die nach ihrem Fund zerschnitten und in einzelnen Teilen über den Antikenhandel verkauft wurde. Der Papyrus birgt die letzten Eintragungen der Gewinnberechnung eines nicht genannten Tempels über Abgabenzahlungen von verpachteten Bäckereien aus dem Gebiet von Athribis und datiert in das Jahr 22.Regierungsjahr eventuell Ptolemaios'X. (93. v.Chr.). Die Einträge für die Ein- und Ausgaben des Tempels sind hier nicht, wie sonst bei Abrechnungen üblich, in einer chronologischen Reihenfolge sortiert erfasst, sondern, ohne auf eine zeitliche Ordnung ihrer Tagesdaten zu achten, einfach hintereinander verzeichnet. Dies lässt mich vermuten, dass der verantwortliche Tempelschreiber am Ende seiner Amtszeit die noch nicht erfasste Rechnungsposten schnell nachtrug und summierte, um seine Buchhaltung für den Tempel noch rechtzeitig korrekt abzuschließen.
In den Zeilen 7 bis 17 folgen detaillierte Anweisungen zu den Modalitäten der Erfassung der Ausgaben sowie des Empfangs von Rückzahlungen, für die der Priesterschreiber zuständig war.
Die Anweisungen für die Buchhaltung beginnen mit den
tftf-Ausgaben (ausführliche Diskussion zum Lemma: s. Anm. zu Z. 7). Diese
tftf-Ausgaben, die in echtem Silbergeld berechnet werden, soll der Priesterschreiber jeweils bis zu einer Höhe von 5 Deben "auflaufen" lassen, d.h. die Kasse des Schreibers bzw. der Tempel geht für die
tftf-Ausgaben zunächst in Vorlage. Diese 5 Deben müssen dann dem Schreiber bzw. dem Tempel wieder zurückerstattet werden. Anders als bei anderen im Text erwähnten Ausgaben, deren Kostenzuweisung explizit mit
mtw⸗f ḏi̯.t ... r pꜣ hwe.w nꜣ wꜥb.w, "Er (Schreiber) soll...X . zu der Ausgabe der Priester geben
(rechnen)", angegeben wird, werden die
tftf-Kosten bzw. ihre Begleichung nicht spezifiziert. Die Frage stellt sich nun für wen geht der Tempel in Vorlage und wer zahlt ihm diese Vorlage wieder zurück? Das Nomen
tftf, hier ohne Determinativ geschrieben, wird gewöhnlicher Weise mit Korn über Plural oder schlagendem Arm determiniert. Die Bedeutung des Lemmas
tftf ist trotz zahlreicher Belege bisher nicht geklärt. Diese Belege stehen jedoch immer im direkten Zusammenhang mit der Herstellung von Brot. Zumeist findet sich der Begriff in der Wendung
hw(e) tftf in Quittungen die im Zusammenhang mit Mehllieferungen und/oder Bäckereien stehen. In der Abrechnung des P. Leiden RMO F 1974 / 7.52 (TM 102070; Tebtynis, Datum des letzten Listeneintrags 78 v. Chr.) steht
tftf in Verbindung mit einer Auflistung von Ausgaben eines wohl privaten Haushaltes. Hier werden die
tftf-Ausgaben für die Arbeit eines Misthophoros aufgeführt, d.h. einen Söldner bzw. eine Person, die gegen Bezahlung eine Aufgabe ausführt. Im bereits oben erwähnten P. BM EA 10225, der Gewinnberechnung eines Tempels aus verpachteten Bäckereien, werden die Kosten für die
rmṯ.w n tftf aufgelistet, die seitens der Bäckereien dem Tempel zurückerstattet werden müssen. Dies bedeutet, dass diese
rmṯ.w n tftf nicht Angehörige der vom Tempel verpachteten Bäckereibetriebe, sein können, da sonst ihre Vergütung direkt von der Bäckerei übernommen worden wäre und nicht über den Tempel laufen würde. Daher glaube ich, dass auch hier der Tempel für die
tftf-Ausgaben der verpachteten Bäckereien in Vorlage geht und diesen die
tftf-Kosten wieder an den Tempel zurückerstatten müssen (s. ausführliche Diskussion zum Lemma
tftf, einer Arbeitsleistung, bei der es sich wohl um die Erstellung einer Zutat für das Backen von Brot und/oder der Zubereitung von Grütze handelt: P. BM EA 10225 (TM 50057), digitale Edition im Corpus des
DPDP).
In den folgenden Zeilen 8 bis 10 werden die Abrechnungsmodalitäten der
snsn(.t)(?)-Brote definiert. Das Lemma
snsn(.t)(?) ist bezüglich seiner Lesung bzw. seiner zugrundeliegenden hieroglyphischen Zeichenschreibung nicht gesichert (s. hierzu Anm. zu Z 8). Es handelt sich mit Sicherheit um Brot, dass, wie die Abrechnungen aus Dime zeigen, sowohl als tägliche Nahrung als auch als Opfer verwendet wurden. Hier findet sich zwar die Spezifikation, dass die Kosten dieser Brote zu den Ausgaben der Priester gerechnet werden sollen (
mtw⸗f ḏi̯.t ... r pꜣ hwe.w nꜣ wꜥb.w), die Art und Weise, wie deren Kosten berechnet werden soll, ist jedoch außergewöhnlich. Wohl Aufgrund ihres schwankenden Marktwertes, soll der Schreiber die Brote, die für die Priester bestimmt sind, egal ob groß oder klein, zum Marktwert (
r-ẖ(.t) pꜣ h̭ꜥl pꜣ ẖl) eines großen Brotes erwerben. Die Summe dieser Ausgaben wird jedoch nicht sofort zu den Ausgaben der Priester gerechnet, sondern wird zunächst als extra Sonderposten den Lemeisa und Ältesten der Priester übergeben. Diese setzen hierauf den endgültigen Summenpreis fest, dessen Höhe erst dann zu den Ausgaben der Priester gerechnet wird. Eventuell hat diese Art der Kostenabstimmung mit der bereits oben erwähnten Funktion der Lemeisa als eine Art Betriebsrat zu tun, die die Interessen der Priester gegenüber dem Tempel, der durch die Ältesten der Priester repräsentiert wird, vertraten.
In den Zeilen 10-11 findet sich Anweisungen für die Erfassung der Ausgaben für Dornakazien(holz) und Lampe(nöl), die zu den Gütern gehören, die die Priester vom Tempel erhalten und in den Dime-Abrechnungen unter "laufende Kosten" geführt werden. Hier wird eine genaue Berechnungsgrundlage nicht weiter ausgeführt. Explizit wird jedoch erwähnt, dass die Priester keine Ansprüche auf verlorene oder zerstörte Bierkrüge und
wlm-Stängel erheben können, d.h. diese wohl aus eigener Tasche bezahlen müssen. In der bereits erwähnten Abmachung P. Berlin P 7059, die von demselben Schreiber wie die hier besprochene Abmachung verfasst wurde, findet sich der Begriff
wlm mit Pflanzendeterminativ im Zusammenhang mit einer Lieferung von neuem
wlm. Dieser Begriff (s. Anm. zu Z. 10) findet sich auch häufig in den Dime-Abrechnungen und wird dort sowohl mit Holz aber auch Pflanze determiniert.
Wlm bezeichnet eine bestimmte Holzart, sondern eine Schnittform des Holzes, die entweder wie hier ohne Spezifizierung, oder wie in einigen Dime Abrechnungen im Zusammenhang mit den Holzarten
wrm ḫnṱy(.t) "Scheit/Stängel Akazienholz", und
wrm bn, "Scheit/Stängel Palmholz", erwähnt wird. Sein Verwendungszweck ist noch nicht geklärt, einige Belege deuten aber darauf hin, dass er auch als Feuerholz diente, andere deuten auf ein Holzgerät hin. Etymologisch könnte es mit dem koptischen Lemma ⲟⲩⲁⲗⲙⲉ, dessen Bedeutung auch nicht geklärt ist, das aber vererbt werden kann, in Verbindung stehen.
Es folgt ein weiterer Buchungsposten (Z. 11-12) für große und kleine
snsn(.t)(?)-Brote , dessen Berechnung jedoch anders angesetzt wird als zuvor. Sowohl die Benennung der Personengruppe
pꜣ rmṯ nb pꜣ tꜣ als auch die fehlende Kostenzuordnung
r pꜣ hwe.w nꜣ wꜥb.w fehlen. Dies lässt vermuten, dass es sich hier Brote handelt, die direkt beim Schreiber von einer Personengruppe erworben werden, die nicht zu den Priestern zu zählen ist daher keiner Sonderberechnung bedürfen und daher auch sofort beim Schreiber nach dem aktuellen Marktwert eines großen oder kleinen Brotes zu bezahlen sind.
Die folgenden Anweisungen zur Berechnung (Z. 12-14) sind außergewöhnlich. Die Öle (Z. 12), die zum Marktpreis berechnet und zu den Ausgaben der Priester gegeben werden, sollen mit dem sich im Tempel befindlichen hölzernen Halbkrug (
gs-ḳby.t) abgemessen werden. Obgleich die Ölherstellung in der römischen Zeit ein Staatsmonopol war, wurde den Tempeln erlaubt, für den Eigenverbrauch das Öl in tempeleigenen, verpachteten Ölmühlen selbst pressen zu lassen. Aus den Dime-Quittungen geht hervor, dass die Pächter dieser Ölmühlen die diesbezüglichen Steuerabgaben zunächst an den Tempel entrichteten mussten, der seinerseits diese Abgaben an die Staatskasse abführte (
Lippert / Schentuleit, DDD IILippert, S. / Schentuleit, M., Quittungen (Demotische Dokumente aus Dime II; Wiesbaden, 2006)., 9;
Muhs, Tax receiptsMuhs, B., Tax receipts, taxpayers, and taxes in early Ptolemaic Thebes (The University of Chicago Oriental Institute publications 126; Chicago, 2005)., 73-79). Obgleich die Ausgaben der Öle zum Marktpreis berechnet werden, dürfte dieser im Tempel deponierte hölzerne Halbkrug eine speziell 'geeichte' Maßeinheit darstellen, die wohl exklusiv zur Erfassung der Ölausgaben des Tempels bzw. seiner Angehörigen und der Berechnung der diesbezüglich an die Staatsbank zu zahlenden Steuern diente und nicht vom allgemeinen, öffentlichen Markt verwendet wurde. Gleich nach Berechnung der Ausgaben für Öle folgt die Anweisung zur Erfassung der Kosten von Salz und Leinen, die der Priesterschreiber "dort" zum Marktpreis des Tages zu den Ausgaben der Priester geben soll (
mtw⸗f ḏi̯.t n.ỉm.w ḥmꜣ (14)
ꜥꜣy(.t) r pꜣ hwe.w nꜣ wꜥb.w). Grammatikalisch kann sich das Adverb
n.ỉm.w sowohl auf den zuvor genannten hölzernen Halbkrug als auch auf den Tempel beziehen. Da das hier erwähnte Salz und Leinen wohl kaum mit dem
gs-ḳby.t der Öle abgemessen werden sein kann, kommt als Bezugswort nur der Tempel in Frage, in dem Salz und Leinen abgerechnet werden sollen. Ähnlich wie bei der Abrechnung der Öle, steht dies in Zusammenhang mit Abgaben, die der Tempel für diese beiden Güter der Staatsbank zu entrichten hatte und daher seine diesbezüglichen Ausgaben im Tempel berechnete. Das Salz wurde mit der Steuerreform Ptolemaios'II. monopolisiert und eine generelle Salzsteuer seitens des Staates erhoben, die der Tempel jedoch, jedenfalls in ptolemäischer Zeit, zu einem ermäßigten Satz an den Staat abführen musste
Muhs, Tax receiptsMuhs, B., Tax receipts, taxpayers, and taxes in early Ptolemaic Thebes (The University of Chicago Oriental Institute publications 126; Chicago, 2005)., 8-10). Auch für Leinen bestand eine Abgaben- und Steuerpflicht. Der Soknopaios-Tempel erhielt von den von ihm beschäftigten Webern eine Art "Zunftabgabe", für die vom Tempel vergebene Berufslizenz (
Lippert / Schentuleit, DDD IILippert, S. / Schentuleit, M., Quittungen (Demotische Dokumente aus Dime II; Wiesbaden, 2006)., 10-12). Die Steuererheber der Weber (
nꜣ sḥn.w nꜣ mḏḳ.w), die wohl selbst zu dieser Berufsgruppe gehörte und das Amt ein Jahr innehatten, sammelten diese Abgabe in einem monatlichen oder zweimonatlichen Turnus von den Webern ein und leitete diese an den Tempel weiter. Weitere Zahlungen, die mit den Webern im Zusammenhang stehen, sind staatliche Abgaben (
wty pr-ꜥꜣ), Abgaben für die Altäre (
nꜣ h̭wy.wt) und für den Überschuss der Priester (
ḥwꜣ nꜣ wꜥb.w), wurden von den Steuererhebern der Weber und von Lesonen an die staatlichen Steuererheber der Priester gezahlt und dann in die Staatsbank eingezahlt.
Es folgen Anweisungen zur Erfassung der Ausgaben der Priester für Nahrungsmittel, Tauben, Grütze und der
swb-Pflanze (Z. 14-17, mit Anm. zu Lesungen und Deutungen der Lemmata). Allgemeine Nahrungsmittel sollen mit 1/2 Obole pro Person berechnet werden. Es stellt sich die Frage, ob mit Lemma
glmpe (Z. 15), das mit dem Pflanzendeterminativ geschrieben ist, die Taube oder der Kohl gemeint ist? Belege eines Lemmas
grmpe finden sich in
DimeData zumeist im Zusammenhang mit Gütern und Lebensmittel gelistet, die den Priestern seitens des Tempels zustehen. Hierbei finden sich Schreibungen von
grmpe sowohl mit dem Determinativ des Vogels als auch dem der Pflanze, die beide von DimeData mit dem Lemma "Taube" identifiziert werden. Die Kostenangabe von 1 1/2 Obolen pro
grmpe ist konstant für beiden Schreibungen (Vogel/Pflanze). Daher dürfte es sich bei diesen Belegen immer um dasselbe Lemma
grmpe handeln, welches hier nach DimeData als "Taube" gedeutet wird. Die hier vorgestellte Lesung und Deutung der folgenden Sequenz (Z. 15-16:
pꜣ ꜣwšꜥ nb mtw⸗f psy.ṱ⸗f ⸢mtw⸣[⸗f ỉp.ṱ⸗f] r ḏbꜥ(.t) 2.t ỉrm pꜣy⸗f sḥn ỉrm pꜣy⸢⸗f⸣ pwr, s. Anm. zu diesen Zeilen) ist umstritten. Die in
DimeData aufgenommenen Belege für das Lemma
ꜣwš werden dort mit dem Lemma ỉwš / ꜣwš, "Weihrauch, Harz", identifiziert. Einer Deutung, der ich kritisch gegenüberstehe. Eindeutig ist, dass in allen Dime-Abrechnungen das Lemma
ꜣwš, wie auch hier, mit dem Gefäß determiniert ist und seine Kosten mit 2 Obolen berechnet werden. Weiterhin findet es sich dort wie beim P. Wien (Vindob) ÖNB D 4852 rto fast ausschließlich im Verbund mit einer Aufstellung laufender Kosten von Nahrungsmitteln, wie Wasser, Fleisch, Wein und insbesondere Brot gelistet. Daher ist sehr wahrscheinlich, dass es sich bei den Belegen aus Dime nicht um "Weihrauch, Harz" handelt, das normalerweise mit Korn über Plural determiniert wird, sondern um das demotische Lemma
ꜣw, "Teig, Brei, Grütze", das dieselbe Schreibung besitzt, jedoch mit Gefäß oder Brot determiniert wird. Hier soll nochmals der mehrfach oben erwähnten P. BM EA 10225 genannt werden. In der Gewinnberechnung des Tempels aus Einkünften verpachteter Bäckereien werden ganz am Ende die Kosten von Lebensmitteln aufgelistet, die den Bäckereibeschäftigten seitens des Tempels zustehen und zu Lasten des Tempels gehen. Hier werden Sesam, Knoblauch, Kraut, Zwiebeln sowie
ḥmꜣ wbꜣ nꜣ ꜣwš.w, "Salz für die Grützen", aufgeführt. In Zeile 16 der vorliegenden Abmachung heißt es weiter, dass die gekochte Grütze mit 2 Obolen inklusive ihrer
sḥn, "Anweisung", sowie ihrem "Essig" berechnet wird. Auch diese Lesungen sind umstritten. Dass das Lemma sḥn mit Körnern über Plural determiniert wird, ist ungewöhnlich jedoch unter anderem in identischer Schreibung im P. Berlin P 8345, Col.I, 9, belegt (ꜥ.wỉ sḥn-ꜥnḫ, 'Haus der 'Anweisung des Lebens''). Bei diesem Beispiel handelt es sich um das Astrologisches Handbuch aus Dime, 75-150 v.Chr. (digitale Edition im Corpus des DPDP). Der einmalige Beleg in DimeData für sḥn mit dem Determinativ Korn über Plural wird mit "Stößel" identifiziert, leider ohne näheren Angaben, und findet sich im Zusammenhang einer Kostenaufstellung von Lebensmitteln. Das folgende Lemma
pꜣy⸢⸗f⸣ pwr, das eindeutig mit dem für diese Hand typischen Gefäß determiniert wird, ist mit aller Wahrscheinlichkeit mit der Schreibung des Lemmas "Essig", zu identifizieren. Typische Beispiele dieser eigenwilligen Schreibungen der
wr-Gruppe in römischer Zeit, bei denen der darüber liegende Schrägstrich entweder überlang mit starkem Schwung ausgeführt wird oder diesen sogar mit der wr-Gruppe zu einer Form (ähnlich der arabischen Zahl 8) ligaturisieren, finden sich insbesondere in Dime und Tebtynis bei den Schreibungen von
wꜣḏ-wr. Eine identische verschlungene Ligaturisierung findet der
w-Gruppe findet sich in dem oben bereits erwähnten Ritualtext Berlin P 6750 rto (
Widmer, RésurrectionWidmer, G., Résurrection d’Osiris -Naissance d’Horus. Les papyrus Berlin P. 6750 et Berlin P. 8765, témoignages de la persistance de la tradition sacerdotale dans le Fayoum à l'époque romaine (Ägyptische und Orientalische Papyri und Handschriften des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung Berlin 3; Berlin - Boston, 2015)., 439, bes. Col.x+4, 6-7, 450 Taf.), bei dem eine große paläographisch große Ähnlichkeiten zur der hier besprochenen Abmachung erkannt wurde (s.o. zu Datierung und Schreiber). Bei der
swb-Pflanze, die nicht gekocht wird und nach dem Marktwert berechnet werden soll, handelt es sich höchstwahrscheinlich, ähnlich wie das
sm-Kraut, um eine aromatische Pflanze, die sowohl als Nahrungsmittel bzw. Gewürz, als auch als Futter für Tiere verwendet werden konnte. Die Wendung in der Mitte der Zeile 17
mtw⸗f ỉp.ṱ (pꜣ) hwe[.w nꜣ wꜥb.w mtw]⸗f ḏi̯.t šm⸗w r-bnr dürfte die Schlussberechnung aller Kosten betreffen, die der Schreiber erstellen musste, um sie den Lemeisa und den Ältesten der Priester zur Schlussprüfung zu übergeben.
Da die Zeilen 18 bis 19 stark zerstört sind, lässt sich der Inhalt des letzten erhaltenen Abschnittes der Abmachung nicht erschließen. Eindeutig ist jedoch ein thematischer Wechsel, der eventuell in Richtung der Dienstpflichten und Zuständigkeiten weist.